Wie Sie trotz Pandemie gute Gespräche führen
Corona hat sehr weitreichende Auswirkungen auf alle Lebensbereiche. Auch auf unsere Kommunikation. Rhetoriktrainer Oliver Walter sieht vor allem zwei gravierende Veränderungen in unserem sprachlichen Miteinander. “Der Mindestabstand und die Maske. Beides ist für das Infektionsgeschehen absolut notwendig und richtig, kommunikativ aber wirklich problematisch”, so Walter.
Je nach Beziehung und Thema nehmen wir unterschiedliche räumliche Distanzen zu unseren Gesprächspartnern ein. Gerade das intime, vertrauliche Gespräch mit einem – wortwörtlich – nahestehenden Personen bliebe nun auf der Strecke.
Ebenso sei der nun durch einen Ellenbogencheck ersetzte Händedruck immens wichtig zur Kontaktaufnahme. Händeschütteln hat eine vermutlich Jahrtausende alte Tradition. Man zeigt sich unbewaffnet und stellt physischen Kontakt her. Der taktile Reiz durch die direkte Berührung der Handflächen (man bedenke, dass es üblich ist auch im Winter die Handschuhe auszuziehen und sich die “nackte” Hand zu reichen) stellt eine Verbindung her, die unbewusst verbindlicher ist als sie es ohne Berührung wäre. Da manche Menschen sogar bewusst nach dem Begrüßungsritual an der Hand riechen, erfolgt die Kontaktaufnahme sogar olfaktorisch. Wir stellen direkt fest, ob wir uns “riechen können”.
Für all das, was der Händedruck leistet, sei der aktuell favorisierte Ellenbogencheck ein eher dürftiger Ersatz, so Walter weiter.
Es sei umso wichtiger den Kontakt über die trotz Pandemie verbliebenen Optionen aufzubauen, wie z.B. intensiven Blickkontakt herzustellen, durch das eigentlich ein bisschen aus der Mode gekommene Winken die offenen Handflächen zu zeigen und vor allem achtsam in Resonanz zu gehen, die sogenannten Spiegelneuronen möglichst ausgiebig zu befeuern.
Einige dieser Optionen werden nun leider in manchen Situationen durch das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes stark eingeschränkt. “Ich zweifle keine Sekunde an der virologischen Sinnhaftigkeit der Maske”, stellt Walter klar. “Aber kommunikativ ist die teilweise Unsichtbarkeit unseres Gesichts tatsächlich eine Katastrophe.”
Denn der übliche MNS verdeckt den Bereich des Gesichts, der für gut die Hälfte der über 40 Bewegungseinheiten verantwortlich ist, aus denen sich unsere Mimik zusammensetzt. Also ob wir freundlich dreinblicken oder traurig sind. Wütend oder gleichgültig. Das Ergebnis sind immer nur “halbe Mimiken”, die unzuverlässiger interpretierbar sind.
Auch dagegen helfe, neben einer transparenten Maske, die auch gehörlosen Menschen entgegenkomme, nur der Einsatz der verbliebenen nonverbalen Kommunikationsmethoden, rät der Experte. Mimik lasse sich nicht ersetzen, könne aber ein Stück weit durch intensiveren Einsatz von Stimme und Gestik kompensiert werden. Achtsamkeit in der Kommunikation, sich bewusst zu machen, dass das Gegenüber die eigenen Aussagen schwerer einordnen kann und dass man selbst bewusster zuhören sollte, sind die wirkungsvollsten Optionen, die uns verbleiben. Auf dass wir diese Krise auch kommunikativ gut überstehen. Dazu gehört natürlich auch deine notwendige Anpassung unserer Rhetorik in der immer stärker wachsenden Online-Kommunikation.
Gerade zum Thema Online-Meetings und Videochats gibt es inzwischen ein reichhaltiges Seminarangebot. Beziehungsweise Webinarangebot. “So kann man direkt in einem Onlinemeeting lernen, wie ein Onlinemeeting rhetorisch am besten funktioniert”, wirbt Oliver Walter für das neue Konzept. Er selbst, aber auch einige seiner Kolleg:innen bieten inzwischen solche Kurse zur digitalen Rhetorik an. Die Nachfrage ist groß. Denn ein Zurück zum früheren Zustand wird es auch in der Rhetorik nach Ende der Pandemie nicht geben.
Oliver Walter liebt es über, vor, zu und mit Menschen zu sprechen. Als Rhetoriktrainer, Coach, Freier Redner und Kabarettist.
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