Anderseits beschäftigen sich Studierende in der “Methodenwerkstatt” zusätzlich mit anderen Therapieverfahren, um “ein offenes professionelles Selbstverständnis” zu erarbeiten.
Die Evaluation des Ausbildungsangebots ergab allerdings, dass die Studierenden hier ihren Lerngewinn in erster Linie nicht den Methoden, sondern ihren LehrtherapeutInnen zuordnen. Dies entspricht wiederum der etablierten Erkenntnis, dass in der Psychotherapie nicht die Methode, sondern die therapeutische Beziehung das wichtigste Agens ist.
In diesem Kontext merken Fiegl und Sindelar an: “Es mehren sich die Forderungen nach störungsspezifischen Manualen. Selbstverständlich sind störungsspezifische Aspekte von hoher Relevanz und finden auch in der psychotherapiewissenschaftlichen Forschung Beachtung.” Aus der Evaluation bei ihren Studierenden folgern die Wissenschaftlerinnen jedoch: “Die Forderung nach manualisierter Psychotherapie ist nicht das, was dem Ausbildungsbedürfnis entspricht, sondern der Faktor der Person des_r Lehrtherapeut_in ist das wesentliche Element – und damit der Beziehungsaspekt, was den Studierenden Identifikation und damit Sicherheit bietet.”
Für Professor Dr. Albert Pritz, Gründer und Rektor der Universität, ist die Lehrtherapie zentrales Element der Ausbildung: Dabei geht es darum, dass Studierende Selbsterfahrung in der Gruppentherapie und in der Einzeltherapie sammeln: Lehrtherapie kann einerseits als Modell dienen und bietet die Herausforderung, “jene ´innere´ Erkenntnismöglichkeit in der Beziehung zu PatientInnen zu üben”. Gleichzeitig resultieren Anstöße, “sich zumindest teilweise von eigenen neurotischen Verstrickungen zu lösen.”
Das wissenschaftliche Verständnis in der Sigmund Freud Universität basiert nicht nur auf natur- und geisteswissenschaftlichen Forschungen. Für Professor Dr. Bernd Rieken “hat die Psychotherapie einiges gemeinsam mit künstlerischer Tätigkeit. Das Erlernen von Behandlungstechnik reicht allein nicht aus … Man benötigt auch so etwas wie Spürsinn oder Intuition …” In den künstlerischen Therapien zählen Forschende und Lehrende der Sigmund Freud Universität zur internationalen Elite. Eine schematische Hochschulzulassung nach Abiturnoten wird den Studien- und Berufsanforderungen nicht gerecht. Pritz hält daher daran fest: Für ihn kommt nur ein Aufnahmeverfahren infrage, das grundlegende Aspekte der Persönlichkeit in die Bewertung miteinfließen lässt. Einzelinterviews und Selbsterfahrungsgruppen sind die Methoden der Wahl.
Alfred Pritz, Jutta Fiegl, Heinz Laubreuter, Bernd Rieken (Hrsg.) Universitäres Psychotherapiestudium. Das Modell der Sigmund Freud PrivatUniversität. Pabst, 2020. 694 Seiten. Hardcover ISBN 978-3-95853-620-3. eBook ISBN 978-3-95853-621-0
Pabst Science Publishers (Lengerich/Westfalen) veröffentlicht psychologische und medizinische Fachzeitschriften; darüber hinaus erscheinen bei Pabst aus den gleichen Fachbereichen mehr als hundert Bücher jährlich – teils wissenschaftliche Spezialtitel, teils allgemeinverständliche Fachliteratur.